Haushaltsrede der SPD-Kreistags-Fraktion zum Haushalts-Entwurf 2021

Veröffentlicht am 03.12.2020 in Kreistagsfraktion

Am 16.11.2020 hat unser Fraktionsvorsitzender in der SPD-Kreistagsfraktion Dr. Tobias Brenner seine Haushaltsrede gehalten:

Haushaltsrede der SPD-Kreistags-Fraktion zum Haushalts-Entwurf 2021

16.11.2020
Dr. Tobias Brenner
Es gilt das gesprochene Wort!


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Herr Landrat,
keine Frage: Corona hat unser Leben und Wirtschaften dieses Jahr beeinflusst wie wir es uns nicht hätten träumen lassen.
Es erscheint wie ein Alptraum, aus dem man mit dem Flehen erwachen möchte: „Kann man 2020 nicht löschen und neu installieren? Es hat einen Virus!“
Doch leider ist es bittere Realität. Diese Realität hat uns aber auch gezeigt, dass wir auf vieles verzichten können, aber nicht auf zwischenmenschliche Beziehungen und die Natur – trotz und gerade angesichts aller digitaler Medien und Möglichkeiten.
Finanziell sind wir als Landkreis bislang mit einem „blauen Auge“ davongekommen.
Wir halten daher den vorgeschlagenen Kreisumlagehebesatz von 29,9 Prozentpunkten für angemessen - nicht zuletzt um die Städte und Gemeinden zu entlasten, die gleichfalls von den Auswirkungen der Corona-Pandemie hart getroffen werden.
Auch mit dieser Absenkung sind wir in der Lage, unsere Aufgaben zu erfüllen.
Nach wir vor liegt die größte Herausforderung im Gesundheitsbereich: das gestiegene Defizit der Kliniken und der Fachkräftemangel bei Ärzten und im Pflegebereich. Insoweit wäre eine eigene Kindertagesstätte sicherlich ein Beitrag zur Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber. Wir beantragen, dies zu prüfen.
Mit dem Baubeschluss zum Flugfeldklinikum und den Baumaßnahmen in Leonberg und Herrenberg sind wir in der Umsetzung unseres Medizinkonzepts einen guten Schritt weitergekommen, nämlich eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe Versorgung mit allen unseren Häusern und einem Zentralkrankenhaus in öffentlicher Trägerschaft zu gewährleisten.
Dass wir statt „Planen und Bauen“ aus einer Hand nun in eine Einzelgewerkvergabe müssen, birgt zwar Risiken, ist aber aus Kostengründen die bessere Alternative.
Die bessere Alternative wäre auch eine Vertiefung des Verbundes zwischen Böblingen und Calw mit dem schrittweisen Ziel einer echten Holding, um die komplexen Strukturen zu verschlanken und noch effektiver zu werden.
Es bleibt zu hoffen, dass die Krise durch die Trennung vom bisherigen medizinischen Geschäftsführer und die zu erprobende neue Führungsstruktur eine Chance dafür bieten!
Wir hoffen auch, dass das Gesundheitsamt seinen Aufgaben besser nachkommen kann, nachdem die Leitung besetzt werden konnte und mehr Stellen zugesagt wurden.
Auch bei unseren Anstrengungen zur Wohnraumverbesserung und Schaffung erschwinglichen Wohnraums in der Herrenberger Marienstraße sind wir mit der Erarbeitung einer Vereinbarung mit der Stadt einen guten Schritt vorangekommen.
Es bleibt zu wünschen, dass wir auch im Blick auf das Schwestern-Wohnheim Böblingen und das Areal beim Leonberger Krankenhaus schneller vorankommen.
Wir unterstützen die Notsanierung der Elsa-Brändström-Straße 16. Ebenso die Sanierung des ehemaligen „Hotel Ritter“ zu Wohnzwecken - gemäß unserem Antrag, nicht mehr benötigte Flüchtlingsunterkünfte auf ihre Wohnraumeignung zu prüfen.
Endlich konnten wir auch die Stelle des „Kümmerers“ für unser vorletztes Jahr beschlossenes Wohnraumakquise-Modell besetzen.
Doch zeigt sich bereits, dass die Aufgabe von einer Person allein nicht zu bewältigen ist.
Wir beantragen einen Erfahrungsbericht, der sich auch zu einem etwaigen Personalmehrbedarf unter der Einbeziehung der Großen Kreisstädte sowie des Klinikverbundes äußert.
Wir beantragen ferner, die Auswirkungen und Voraussetzungen der Einführung einer Kreisbonuscard entsprechend dem evaluierten „Tübinger Modell“ zu prüfen.
Die in der letzten Ausschussrunde vorgestellten Ergebnisse dieser Evaluation waren positiv. Mit dieser Kreisbonuscard kann bedürftigen Kreiseinwohnern die Teilhabe an entsprechenden Vergünstigungen der Städte und Gemeinden im Kreis, die für deren Einwohner gelten, ermöglicht werden.
Wir sind zuversichtlich, nächstes Jahr hinsichtlich des Grundstückserwerbs für ein Frauenhaus endlich weiter zu kommen.
Wir halten auch das Anliegen von „thamar“, im Blick auf die steigenden Fallzahlen einen Stellenaufwuchs zu erreichen, für berechtigt.
Wir beantragen, eine zusätzliche 0,75-Stelle für eine Fachkraft „Beratung und Prävention beziehungsweise Schutzkonzepte“ zu fördern.
Im zuständigen Fachausschuss wurde deren Notwendigkeit dem Grunde nach nachvollziehbar dargelegt. Der nun modifizierte Vorschlag trägt dem Rechnung.
Im Blick auf den mit rund 62 Millionen Euro nach wie vor größten Kostenblock des Sozialetats, der Eingliederungshilfe für Behinderte, beantragen wir einen Bericht, wie sich die Änderung des Bundesteilhabegesetzes bislang ausgewirkt hat, insbesondere ob sich der neue Abrechnungsmodus mit dem zur Verfügung stehenden Personal bewältigen lässt.
Im Bildungsbereich müssen wir uns auf die Sanierung der Schulen konzentrieren.
Das avisierte Schulsanierungskonzept sollte im kommenden Jahr zur Umsetzungsreife gelangen.
Mit Genugtuung haben wir den Erfolg des von uns vorletztes Jahr initiierten Ausbildungsvorbereitungsganges „AV Dual“ zur Kenntnis genommen.
Eine ebenso große Erfolgschance sehen wir in der Etablierung eines Bildungscampus mit einem Zentrum für Kälte- und Klimatechnik auf dem Areal beim Krankenhaus Leonberg.
Wenn alle Akteure, vor allem Stadt und Kreis, an einem Strang ziehen, kann es eine Erfolgsgeschichte wie beim Hermann-Hollerith-Zentrum in Böblingen werden.
In unserem „Integrierten Mobilitätskonzept“ spielt der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs eine große Rolle.
Wir dürfen das corona-bedingte Abnehmen der Fahrgastzahlen nicht zum Anlass nehmen, hier zu sparen. Der Klimawandel kennt keinen „Lockdown“.
Für falsch halten wir daher auch die mit unschöner Regelmäßigkeit erfolgende Erhöhung der Ticketpreise.
Erhöhen sollten wir stattdessen die Zuschüsse für den Erwerb eines „ScoolAbos“. Und perspektivisch sollten wir ein „365-Euro-Ticket“ in den Blick nehmen.
Wir hoffen, dass wir bei der Elektrifizierung der Ammertalbahn bald so weit sind wie bei der Schönbuchbahn.
Die sogenannte „Hermann-Hesse-Bahn“ oder Nordschwarzwaldbahn scheint ja aufgegleist.
Doch müssen wir dafür Sorge tragen, dass wir im Zuge der S21-Arbeiten nicht abgehängt werden, sondern eine Express-S-Bahn als zusätzliche Bahn auf der S6 möglichst schnell kommt.
Für sinnvoll halten wir in diesem Zusammenhang die Potentialstudie „Schiene“.
Daneben müssen wir bei der Fortschreibung des Nahverkehrsplans die Situation der Bus-Unternehmen im Blick behalten.
Was den vierspurigen Ausbau der B464 angeht, ist man ja zwischenzeitlich zurück gerudert und spricht nur noch von der Prüfung eines dreispurigen Ausbaus.
Dabei muss man die Frage der Verkehrssicherheit von der Verkehrsaufnahmefähigkeit trennen.
Die Frage der Verkehrssicherheit lässt sich auch durch einen Ausbau nicht lösen und im Blick auf die Frage der Verkehrsaufnahmefähigkeit sollten wir den Ausbau der A81 zwischen Böblingen und Sindelfingen und den sogenannten Lückenschluss bei Renningen abwarten.
Vorangekommen sind wir beim Radverkehr, insbesondere den Radschnellverbindungen.
Vor allem der Radschnellweg zwischen Stuttgart-Rohr und Böblingen/Sindelfingen erfreut sich hoher Nutzerzahlen. Uns erreichen vermehrt Anfragen, die Strecke auch nach 20.00 Uhr nutzen zu wollen und daher das Beleuchtungsfenster in den Abendstunden auszuweiten. Wir beantragen daher zusammen mit der „Grünen“-Fraktion, das Beleuchtungsfenster zum nächstmöglichen Zeitpunkt auch auf die Zeit zwischen 20.00 Uhr bis 23.00 Uhr zu erstrecken und sich dafür bei der Stadt Sindelfingen einzusetzen, falls deren Einverständnis erforderlich sein sollte.
Bei der Breitband-Ausbauplanung brauchen wir mehr Transparenz und Nachdruck. Nicht nur in Weil der Stadt stellt sich die Frage, ob die Telekom ihren Aufgaben und Verpflichtungen gewachsen ist.
Wir beantragen einen Sachstands-Bericht im zuständigen Ausschuss.
Wir begrüßen Ihre Initiative, Herr Landrat, das gesamte Verwaltungshandeln und auch den Haushaltsplan an den Nachhaltigkeitszielen der UN auszurichten, nicht zuletzt um bis 2040 klimaneutral zu sein. Die Tätigkeit der Nachhaltigkeitsmanagerin Frau Saalbach ist dabei sicher ein Gewinn.
Im Blick auf die Abfallwirtschaft hoffen wir auf einen Verhandlungserfolg mit dem Dualen System und eine größere Verbreitung der orangenen Wertstofftonne, um unser Bring-System zu ergänzen.
Gespannt sehen wir der Nutzer-Befragung zu unserem Abfallwirtschaftssystem entgegen.
Vom Konzept zur Klärschlammverwertung sind wir überzeugt.
Klar ist für uns: die Müllvermeidung muss oberste Priorität besitzen. Und dann gilt es die Verwertung, vor allem die Trennung von recycelbarem und nicht recycelbarem Müll, zu verbessern.
Noch haben wir auch die Hoffnung, dass im Blick auf die Deponie-Suche jedenfalls dieser Kreistag am Ende zu einer Standortentscheidung kommt!
Gespannt, Herr Landrat, sind wir auf Ihre Strategie zur Biodiversität und das mit den Landwirten zu entwickelnde Zukunfts-Landwirtschaftskonzept 2030, das wir begrüßen.
Ein unerfreuliches Thema ist und bleibt der „Schlachthof-Skandal“.
Der schwarze Peter liegt dabei jedenfalls nicht beim Landrat.
Ein Konzept, dass Tierschutz mit guter, regionaler Produktion und Vermarktung verbindet, wird unsere Zustimmung finden.
Das gleiche gilt im Blick auf die touristische Aufwertung des „Sulzbachsees“.
Das Konzept wird nur überzeugen, wenn alle Beteiligten, vor allem die Belegenheitskommunen einbezogen werden.
Zum Schluss wünsche ich uns im Interesse der Bürgerinnen und Bürger ertragreiche Beratungen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

 

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